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Classroom Management Grundschule - Mit Struktur, Klarheit und Empathie führen

Aktualisiert: 29. März


Classroom Management Grundschule

„Liebe Frau Schuster, schade, dass wir Ferien haben...“ (Briefchen einer Zweitklässlerin) Wow, ist das nicht schön, wenn Kinder gerne in die Schule gehen? (Wobei dieses Mädchen sicherlich seine Ferien durchaus genossen hat.) Aber was für ein Gewinn, wenn Schüler:innen mit Freude und Motivation am Morgen das Schulhaus betreten!


„Management ist nichts anderes als die Kunst, andere Menschen zu motivieren.“


Was ist Classroom Management

So der US-amerikanische Manager Lee Iacocca, der dabei nicht über die Schule, sondern über das Business-Management sprach. Wie treffend lässt es sich aber auch auf den Schulalltag einer jeden Lehrkraft übertragen: Tag für Tag ein wertschätzendes Klassenklima zu gestalten und eine Lernumgebung, die Schülermotivation entstehen und sich entfalten lässt.


Wie das geht? Puh… Große Frage. Fangen wir von vorne an.


Classroom Management Definition

Was ist Classroom Management? Diesen Begriff prägte Jacob Kounin (1970) und er umfasst sämtliche Führungsaufgaben einer jeden Lehrkraft. Im Deutschen wird als Äquivalent der Begriff „Klassenführung“ verwendet. Dazu gibt es auch eine Menge Ausführungen, Theorien und kluge Konzepte. Gute Klassenführung basiert meiner Erfahrung nach auf drei Säulen:


STRUKTUR – KLARHEIT – EMPATHIE


Diese drei Kriterien für gelingendes Classroom Management schauen wir uns jetzt einmal genauer an:


Classroom Management braucht Rituale und Strukturen

Classroom Management Rituale

Als Lehrer:innen befinden wir uns immer im Spannungsfeld zwischen Öffnung und Führung: Öffnung des Unterrichts, offene Aufgaben, offene Unterrichtsformen. Und dem scheinbar widersprüchlich gegenüber stehen geordnete Strukturen, konzentrierte Lernumgebungen und die „nötige Disziplin“ (unschönes Wort). Müssen wir uns für schülerorientiertes Lernen und Chaos auf der einen Seite oder für strukturiertes Lernen mit „Zucht und Ordnung“ (und nochmal unschön) auf der anderen Seite entscheiden?


Mein Grundsatz dafür lautet:


Inhaltliche Öffnung bedarf eines äußerlichen Rahmens.


Natürlich braucht es das Maximum an Schülerorientierung, offene Aufgabenformate, Raum für eigene Lösungswege und Möglichkeiten zur Entfaltung individuellen Lernens. Aber das heißt nicht, dass jeder macht, was er gerade will! Wenn wir inhaltlich offene Formate anbieten, braucht es einen äußerlichen Rahmen, in dem dieses Lernen stattfindet.


Classroom Management Kritierien

Wenn also Kinder im Deutschunterricht eine eigene Geschichte erfinden und sie ihren Mitschüler:innen in Kleingruppen erzählen, braucht es eine vorab eingeübte Methode mit bestimmten Gesprächsregeln (z. B. Erzählinseln), damit gewährleistet ist, dass sich die Kinder untereinander akustisch verstehen und aktives Zuhören und Nachfragen möglich ist.

Das bedeutet: Bevor ich offene Unterrichtsformen für alle gewinnbringend nutzen kann, braucht es ausreichend Zeit und gemeinsames Trainieren von sinnvollen Strukturen.


Ich mach es noch etwas anschaulicher: Wer Sozialformen wie Sitzkreis oder Kinositz ohne inhaltliche Unterbrechung des Unterrichts nutzen will, der muss sich am Anfang eines Schuljahres die Zeit dafür nehmen, diese Sozialformen in Ruhe und mit einem System einzuführen. Da man als Lehrer:in eh schon wahnsinnig viel redet, bevorzuge ich für solche wiederkehrenden Unterrichtssituationen visuelle Signale wie bestimmte Handzeichen. Beispielsweise rufe ich damit die drei Kinositz-Reihen hintereinander auf, indem ich erst mit einem Finger die Reihe 1, mit zwei Fingern die Reihe 2 usw. anzeige. Meine Stimmbänder danken es mir und die Schüler:innen ebenfalls.


So auch ein Erstklässler über den Morgenkreis, der immer begleitet von einem ruhigen Instrumentallied entsteht: „Weißt du, das find ich angenehm.“ Wie sehr Kinder auf Rituale reagieren und wie positiv sich damit das Unterrichtsklima gestalten lässt, kannst du hier lesen: "10 Rituale für die Grundschule"



Ich fasse also noch einmal zusammen: Inhaltlich öffnen? Unbedingt! Feste, äußerliche Strukturen implementieren? Auf jeden Fall.


Ob es um einen festgelegten Ablauf der Morgenarbeit, fundierte und strukturierte Umsetzung von Unterrichtsmethoden oder um ritualisierte Sozialformen geht: All das erhöht die Chance auf einen „Unterrichts-Flow“, damit relevante Inhalte und bedeutende Schüleraktivitäten nicht in organisatorischem Chaos verloren gehen.


Klassenführung braucht Klarheit

Klassenführung

Kommen wir zur zweiten Säule: Klarheit. Kennst du das, wenn jemand etwas erzählt und einfach nicht auf den Punkt kommt? Das ist nervig und erschöpfend langweilig und bald verlierst du beim Zuhören die Lust und den Fokus. Denn man kann kaum zuhören, wenn jemand nicht weiß, wovon er spricht und was er eigentlich will. Und so geht es auch den Schüler:innen im Unterricht:


Wenn wir als Lehrkräfte nicht wissen,

worauf unser Unterricht am Ende des Tages eigentlich abzielt,

wie sollen es dann die Kinder wissen?


Classroom Management Ideen

Wir müssen unsere Stunden vom Kern her denken: Um was geht es heute? Welche Kompetenzen werden die Schüler:innen dadurch erreichen? Ein Beispiel: Nehmen wir das Thema „Herbstblätter malen“ in Kunst. Warum sollen die Kinder Herbstblätter malen? Ähm… Damit sie beschäftigt sind? Weil Herbst ist? Weil´s schnell geht?


Okay, jetzt mal im Ernst: Es ist manchmal gar nicht so leicht zum Kern vorzudringen, weil wir einfach im Tagesgeschäft Unterrichtsstunden planen und halten ohne immer in die Tiefe zu gehen.

Classroom Management Beispiele

Aber um bei diesem Beispiel zu bleiben, könnte eine Herangehensweise folgende sein: Die Schüler:innen sollen anhand eigens gesammelter Herbstblätter ihre Wahrnehmung für Farbnuancen schärfen - in diesem Fall für warme, erdige Farbtöne. Ihnen wird durch Farbexperimente mit dem Wasserfarbkasten bewusst werden, wie unterschiedliche Farbtöne entstehen und wie einzigartig jede Farbmischung dabei ist. In der Gestaltung eines eigenen Herbstblattes verwenden sie diese selbstgemischten, warmen Farbnuancen, die sie zuvor beobachten konnten und setzen diese Farbvielfalt nun gestalterisch um.


Der Kern dieser Kunststunde liegt also im Mischen von warmen (Herbst-)Farben, um damit die Blätter zu gestalten. Wenn ich mir als Lehrkraft das im Vorfeld bewusst mache, dann baue ich dementsprechend meine Stunde (und auch die vorab wichtige Unterrichtssequenz) auf. Dann weiß ich und damit wissen auch die Schüler, dass das Mischen warmer Farbtöne für die Gestaltung des Blattes im Vordergrund steht. Und somit gewinnt diese doch recht „simple“ Stundenidee an Tiefe und die Ergebnisse werden in ihrer Einzigartigkeit überzeugen.


Lehrersprache braucht Klarheit

Lehrersprache

Aber es braucht nicht nur in der Stundenplanung Klarheit, sondern auch in der Lehrersprache. Was habe ich damals im Referendariat geschimpft, dass wir im Seminar unsere Lehrerimpulse und Arbeitsaufträge immer im Vorfeld schriftlich ausformulieren mussten… Und nun muss ich kleinlaut zugeben, dass das wirklich extrem sinnvoll war. (Danke, Frau W.!) Wenn wir uns vorab die wichtigsten Aussagen des Unterrichts (Einstiegsimpuls, Zielangabe, Arbeitsauftrag etc.) einmal schriftlich notieren, können wir sie auch im Voraus auf Klarheit überprüfen: Ist mein Impuls überhaupt zielführend? Wird mein Stundenziel so klar? Ist mein Arbeitsauftrag zu lang?

Das heißt, dass du dir im Vorfeld klarmachen musst, welche relevanten Informationen müssen z. B. in einen Arbeitsauftrag und was kann ich streichen. Beginne deinen Arbeitsauftrag mit einem Verb, damit von Anfang an der Handlungsaspekt klar wird: „Rechne auf Seite 59 weiter.“ statt „Ich bitte euch nun, dass ihr auf Seite 59 weiterrechnet.“


Seine eigene Lehrersprache im Unterricht zu prüfen ist eine Königsdisziplin. Keine Frage. Aber Sprache ist so ein mächtiges Instrument und wer da an sich arbeitet, wird merken, dass die Klassenführung damit unmittelbar zusammenhängt. Wer klar kommuniziert, kann auch klar führen.


Classroom Management braucht Empathie

So, nun haben wir an sämtlichen Stellen Dinge strukturiert und ritualisiert. War´s das jetzt? Natürlich nicht. Es fehlt noch an der Präsenz der Lehrkraft – einer Präsenz geprägt von Wertschätzung und Empathie. Was bedeutet das?


Klassenführung Konzept

Es bedeutet, dass man als Lehrer:in körperlich, geistig und emotional präsent ist und in dieser Präsenz das einzelne Kind wahrnehmen und mit seinen Bedürfnissen sehen kann. Beginnen wir mit der Präsenz:


Ich kann als Lehrkraft körperlich anwesend sein (was prinzipiell schon mal wegen der Aufsichtspflicht nicht ganz verkehrt ist), aber geistig und emotional völlig abwesend sein. Das merken die Kinder sofort und unter diesen Bedingungen gelingt auch keine Klassenführung. Man muss sich also klar machen, dass man als Lehrer:in immer mit seiner eigenen Verfassung konfrontiert wird: Ist man schlecht drauf, müde und unkonzentriert wird die Klasse in der Regel diesen Zustand spiegeln. Wir sind also als Lehrkräfte dazu angehalten, mit uns selbst gut in Kontakt zu sein, damit der Kontakt zu den Schüler:innen gelingt.


Und welche Haltung braucht es dafür? Eine Haltung der Wertschätzung und Empathie. Wir wollen als Menschen gesehen werden. Verstanden werden. Anerkannt werden. Wer dauerhaft auf Unverständnis und Ablehnung stößt, wird sich immer mehr zurückziehen und die Freude am Kontakt (und im schulischen Kontext) auch am Lernen verlieren.


Wir brauchen als Lehrer:innen ein Feingefühl für die Belange unserer Schüler:innen: Wer braucht Unterstützung beim Lesen längerer Texte? Wer ist unterfordert beim Rechnen einfacher Plusaufgaben? Wer traut sich kaum vor der Klasse etwas zu sagen? Wer schämt sich beim Sport wegen körperlicher Voraussetzungen? Wer findet in der Klasse keinen Anschluss?


Um genau diese Dinge dreht sich ein wesentlicher Teil empathischer und wertschätzender Klassenführung. Zum einen muss das erst einmal registriert und gesehen werden. Im Anschluss braucht es Gespräche – in erster Linie mit dem Kind, eventuell mit den Eltern und manchmal auch mit anderen Ansprechpartnern. Und dann kann man sich gemeinsam auf die Suche nach Lösungen begeben.


Wertschätzung im Unterricht

Eine sehr schöne Form in diesem Kontext ist die Kindersprechstunde, zu der man als Lehrkraft einen Schüler oder eine Schülerin einladen kann, bei der aber auch die Kinder von sich aus Termine vereinbaren können. Mit Ruhe, Zeit und Zugewandtheit gewinnt das Gespräch zwischen Schüler:in und Lehrer:in doch viel mehr an Tiefe, als eine schnelle Frage oder kurze Ermahnung zwischen Tür und Angel. Und dieser individuelle und sehr persönliche Einzelkontakt wird von den Schüler:innen auch als sehr wertvoll empfunden: Hier interessiert sich jemand wirklich für mich. Hier hört mir jemand zu. Hier bin ich mit meinem Anliegen nicht alleine.


Klassenführung Tipps

Wertschätzung braucht es aber nicht nur in diesem speziellen Kontext, sondern sollte die Grundlage einer gelingenden Klassenführung sein: Das bedeutet, dass die Kommunikation innerhalb der Klasse von Respekt und gegenseitiger Achtung geprägt ist und dass beispielsweise in Feedback-Runden die Ergebnisse von Mitschüler:innen nicht beleidigend bewertet werden. Das bedeutet auch, dass immer wieder Präsentationsräume entstehen, in denen Texte, Gemälde, Plakate etc. wertschätzend ausgestellt und gewürdigt werden. Und es bedeutet auch, dass Lob, positive Verstärkung und ermutigendes Feedback sich durch die verschiedenen Unterrichtskontexte zieht und jedes Kind immer wieder erfährt, dass es Stärken hat, dass es sich entwickelt und sich somit als erfolgreich Lernenden erfährt.


Klassenführungskompetenz – Wie kann ich das lernen?

Klassenführung lernen…? Geht am besten in der Praxis. Täglich neu ausprobieren, testen, ehrlich mit sich selber sein und nach Reinfällen Neustart drücken. Wer die Möglichkeit hat, bei erfahrenen und geschätzten Kolleg:innen zu hospitieren, kann sich dort eine Vielfalt an Ideen und Inspirationen holen, was immer ein Gewinn ist.


Aber vielleicht merkst du auch, dass du trotz Seminarausbildung und Fortbildungen beim Thema Klassenführung an deine Grenzen kommst. Das, was du sagen willst, kommt bei deinen Schüler:innen nicht an, es fällt dir schwer, dich in der Rolle der Lehrkraft zu behaupten und du verlässt häufig frustriert das Schulgelände… Die Kinder liegen dir am Herzen. Keine Frage. Aber irgendwie klappt das mit dem Classroom Management nicht und du bräuchtest da mal einen Rat von außen.


Was wäre, wenn du und deine Klasse euch endlich auf die Inhalte der geplanten Unterrichtsstunden fokussieren könntet, weil es keine ständigen Unterbrechungen des Unterrichts mehr gibt? Wenn gegenseitiger Respekt eure Kommunikation im Klassenzimmer prägen würde? Wenn du merken würdest, wie euer Klassenklima sich nach und nach positiv verändert?


Klassenführungskompetenz

Mein Name ist Rebekka und ich helfe Referendar:innen des Lehramts Grundschule dabei, die Herausforderungen des Lehrerberufs zu meistern. Wenn du an einer speziellen Beratung rund ums Thema Lehrerpersönlichkeit und Classroom Management interessiert bist, dann sieh dir unbedingt die Grundlagen-Beratung an:


Classroom Management Grundschule – Es kann so schön sein

Jetzt darf man bei all der Mühe, der Arbeit und dem Stress einfach nicht vergessen, dass unsere Wertschätzung den Kindern gegenüber oftmals hundertfach zurückkommt.

Classroom Management

Der Junge, der dir beim Verlassen des Klassenzimmers zuruft: „Tschüss Frau Schuster! War schön bei dir!“ oder das Mädchen, das dir nach den Osterferien erzählt: „Eigentlich wollten wir nach Teneriffa ziehen, aber weil du so eine liebe Lehrerin zu mir warst, will ich doch nicht weg.“


Diese Kinder, die da jeden Tag vor dir sitzen und dir mit offenen Händen ihr kleines Herz überreichen – die sind es einfach wert, dass wir uns die beste Mühe für ihr schulisches Leben und Lernen geben. Dass wir uns überlegen, wie wir ein gelingendes Miteinander gestalten können. Ein Miteinander, in dem sie sich wohlfühlen und wir uns als Lehrer:innen ebenso.


Und wenn man dann zum Schuljahresende ein Briefchen voller überschäumender Hingabe bekommt, war es die Strapazen wert:


„Liebe Frau Schuster,

das müssen Sie unbedingt noch wissen:

Sie sind die neteste, hübscherste, überraschungsfolste, aktivste Lehrerin

im gazen Universium.“


Wenn da einem nicht das Herz aufgeht… Und damit verabschiede ich mich von all den anderen netesten, hübschersten, überraschungsfolsten und aktivsten Lehrer:innen im gazen Universium, die gerade diesen Artikel gelesen haben! Viel Freude euch mit der Arbeit in euren Klassen, mit euren Kindern und ein gelingendes Classroom Management


Wünscht euch Rebekka




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