Irgendwie hast du dir das einfacher vorgestellt: Du bereitest daheim den Unterricht vor, gehst vormittags in die Schule, bringst den Kindern etwas bei, kommst nachmittags nach heim und alles ist fein.
Weit gefehlt (jedenfalls an manchen Tagen)… Unterrichten ist gar nicht so leicht wie gedacht. Es fordert eine Menge Planungsaufwand, ein gedankliches Durchdringen von Unterrichtsinhalten, Klassenführungskompetenz in der Durchführung und so weiter und so fort.
Was also tun, wenn du dich mit der Planung von Unterricht gänzlich überfordert fühlst? Das wollen wir uns hier einmal Schritt für Schritt ansehen.
1. Welche Unterrichtsphasen gibt es?
Die Begrifflichkeiten sind zum Teil etwas unterschiedlich, aber im Großen und Ganzen ist der Ablauf einer Unterrichtsstunde ähnlich aufgebaut und sieht meistens so aus:
Einstieg und Hinführung | Initiation und Orientierung
Zielangabe
Erarbeitungsphase | Transformation
Sicherung | Präsentation | Reflexion
Und ist es nun sinnvoll, diese Phasen in der Planung nacheinander Punkt für Punkt abzuarbeiten? Nicht wirklich. Denn dann kann es schnell passieren, dass du den Fokus verlierst. Es braucht also einen anderen Weg, der das Ziel der Stunde immer im Blick behält.
2. Unterrichtsplanung mit Beispielen
Und so kannst du bei deiner Unterrichtsplanung beginnen:
2.1 Zielangabe formulieren
Erster Schritt einer Stundenplanung ist die Frage nach dem Ziel: WAS ist das ZIEL der Stunde?
So einfach diese Frage klingt, so schwer ist sie doch oft zu beantworten. Aber ohne Ziel irren Lehrkraft und Schüler:innen gemeinsam durch die Stunde, weil keiner so recht weiß, wo es eigentlich hingeht. Deine Aufgabe als Lehrer:in ist also ein klares Ziel festzulegen, damit du dann die einzelnen Unterrichtsphasen passend auf dieses Ziel hin ausarbeiten kannst. So planst du auch die Stunde vom Kern her und es kann eine runde Sache entstehen.
Beispiel:
Du hast eine Unterrichtsreihe zum mündlichen Erzählen geplant und willst, dass deine Schüler:innen lernen betont zu sprechen und dabei auch Mimik und Gestik zu verwenden. Deine Zielangabe in der Stunde könnte also lauten:
„Heute finden wir heraus, wie man verschiedene Arten der Betonung, Mimik und Gestik passend einsetzt und welche Wirkung das hat.“
2.2 Erarbeitungsphase planen
Wenn das Ziel feststeht, kann es mit einem Inhalt verbunden werden, der dieses Ziel ermöglicht. (Häufig gehen Inhalt und Ziel Hand in Hand, weshalb in der Praxis auch oft der Inhalt als erster Planungsschritt feststeht.)
Der Inhalt der Stunde findet seinen Hauptanteil in der Erarbeitungsphase des Unterrichts. Hier sind die Kinder gefragt, sich mit dem jeweiligen Thema zielführend auseinanderzusetzen. Wichtig ist, dass sie hier viel selbst entdecken, ausprobieren, handelnd erfahren und aktiv gestalten.
Beispiel:
Da die Schüler:innen den Einsatz von Mimik und Gestik erlernen und deren Sinnhaftigkeit erfahren sollen, bietet sich inhaltlich ein „Unsinnsgedicht“ an (z. B. das „Zuselwusellied“ von Käthe Recheis oder die „Karawane“ von Hugo Ball).
Bei einem Gedicht aus Fantasiewörtern liegt die Bedeutung nicht in den Worten, weil wir inhaltlich nichts aus ihnen herauslesen können. Aber durch den Einsatz von Betonung, Mimik und Gestik können wir eine lustige, eine spannende, eine traurige oder eine dramatische Szene erschaffen. Je nach Stimmlage, nach Gesichtsausdruck und Körperhaltung entsteht aus den nichtssagenden Unsinnswörtern eine Geschichte.
2.3 Kompetenzerwartungen festlegen
Wenn wir nun Ziel und Inhalt klar miteinander verbunden haben, können die Kompetenzerwartungen formuliert werden. Die leitende Frage lautet hier: Welche konkreten Kompetenzen erwerben die Schüler:innen in dieser Unterrichtsstunde? (Kompetenzen werden auch teilweise als Lernchancen oder Lernziele benannt.)
Beispiel:
In unserem Fall könnte die ausformulierte Kompetenzerwartung so lauten:
„Die SuS erfahren, dass passend eingesetzte Betonung, Mimik und Gestik einem Text aus Unsinnswörtern inhaltliche Bedeutung verleiht und erkennen so den Wert dieser Werkzeuge fürs mündliche Erzählen.“
2.4 Methoden, Materialien und Co. ausarbeiten
Nun folgt der Schritt der spezifischen Ausarbeitung: Welche Methoden, Techniken und Materialien eignen sich? Wie sieht die quantitative und qualitative Differenzierung aus? All das bezieht sich noch immer auf die Erarbeitungsphase, also den Mittelteil der Unterrichtsstunde. Und je nach Inhalt kommt nun mindestens eine der verschiedenen Sozialformen (Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit) zum Einsatz. Bei Übungsformaten beispielsweise eignet sich häufig die Einzelarbeit, bei forschenden Aufgabenstellungen bieten sich kooperative Sozialformen an.
Beispiel:
Beim Einsatz von verschiedenen Betonungsarten sowie Mimik und Gestik braucht es immer ein Gegenüber, das die jeweilige Wirkung beurteilt und rückmelden kann. Es würde sich also in der Erarbeitungsphase anbieten, dass die Schüler:innen in Partner- oder Gruppenarbeit das Unsinnsgedicht mit verschiedenen Aufträgen umsetzen (z. B. Wortkärtchen mit dem Arbeitsauftrag: „Betone alle Wörter wütend und drücke die Wut auch mit deinem Gesicht und Körper aus.“).
Der Partner bzw. die anderen Gruppenmitglieder können im Anschluss dann rückmelden, woran sie erkannt haben, dass der Vortragende wütend war (z. B. lauter und ärgerlicher Tonfall, zusammengezogene Augenbrauen, verschränkte Arme etc.).
2.5 Einen guten Unterrichtseinstieg entwerfen
Wenn du den Kern der Stunde durchdacht hast, bleibt noch die spannende Frage offen, wie du dort hinleiten und am Ende noch abschließen kannst, sodass die gesamte Stunde eine runde Sache wird. Erst einmal zum Anfang der Stunde: Einstieg und Hinführung (auch Initiation und Orientierung genannt) haben die Aufgabe zur Erarbeitungsphase hinzuführen, dabei auch das Vorwissen zu aktivieren und sollen vor allem auch so gestaltet sein, dass die Kinder mit einer hohen Motivation weiterarbeiten wollen.
Wichtig ist, dass Einstieg und Hinführung auch möglichst genau auf die Kompetenzen abzielen, die später in der Erarbeitungsphase wichtig werden. Also, nicht nur allgemein zum Thema passen, sondern im besten Fall direkt zum Hauptteil überleiten.
Beispiel:
Um auf das Thema Mimik und Gestik vorzubereiten, bietet sich im Einstieg ein kurzes Pantomime-Spiel an. Ein Schüler kommt nach vorne und stellt ohne zu sprechen eine Emotion dar (z. B. "Mir ist etwas peinlich."). Hier können bereits erste Beobachtungen gemacht werden, die später auf das Vortragen des Unsinnsgedicht übertragen werden können.
Für das Üben von Betonung kann ebenfalls im Einstieg ein kurzer spielerischer Abschnitt erfolgen, in dem ein Kind nach vorne kommt und einen neutralen Satz („Heute Nachmittag gehe ich auf den Spielplatz.“) in verschiedenen Gefühlslagen, z. B. ganz schüchtern betonen soll. Hier können dann Beobachtungen zur Stimmlage, zur Geschwindigkeit und Intonation gesammelt werden, die ebenfalls anschließend wichtig werden.
2.6 Mit einer Reflexion die Unterrichtsstunde abschließen
Und zum Schluss stellt sich nun die Frage: Wie sichere bzw. reflektiere ich das Gelernte? Die letzte Unterrichtsphase ist je nach Schwerpunkt eine Sicherung, eine Präsentation oder eine Reflexion. In dieser Phase des Unterrichts geht es darum, das Gelernte festzuhalten, Ergebnisse vorzustellen und neue Erkenntnisse in Worte zu fassen. Und wenn nun von den Kindern formuliert wird, was zu Beginn als Ziel festgelegt wurde, dann schließt sich an dieser Stelle der Kreis.
Beispiel:
In unserem Beispiel bietet sich eine Präsentation am Ende im Kinositz an, bei dem einzelne Kinder das Unsinnsgedicht mit einer bestimmten Betonung, Mimik und Gestik vortragen und dann im Plenum Feedback gegeben wird. (z. B. „Ich konnte erkennen, dass du das Gedicht lustig vorgetragen hast, weil deine Stimme so fröhlich war und du so einen frechen Blick in den Augen hattest.“)
Abschließend kann im Plenum gesammelt werden, wie der Einsatz bestimmter Vortragstechniken auf das Publikum wirkt und wann es sinnvoll ist, mit bestimmten Betonungen sowie Mimik und Gestik zu arbeiten („Der Text wirkt viel lebendiger. Man kann sich durch betontes Sprechen und gezielt eingesetzte Körperhaltungen etwas viel besser vorstellen und daher auch dem Vortrag gespannt zuhören.“).
3. Muss es bei der Planung immer diese Reihenfolge sein?
Nun kann es sein, dass du dir bis hierhin die Vorgehensweise der Stundenplanung durchgelesen hast (Chapeau an der Stelle), aber merkst, dass dieses Vorgehen für dich nicht so recht passt. Vielleicht steigst du immer mit dem Inhalt ein oder planst grundsätzlich zuerst den Einstieg. Das hier soll auch nur ein Gerüst sein, dass dir verdeutlicht, wie alles miteinander zusammenhängt und wie sich die einzelnen Phasen aufeinander beziehen.
Der Kreislauf aus „Ziel – Inhalt – Kompetenzen – Methoden | Techniken | Materialien – Einstieg – Sicherung | Reflexion“ muss nicht in genau der Reihenfolge auch geplant werden. Wenn du also an einer anderen Stelle ins Karussell eingestiegen bist, dann überprüfe von da ab, ob die verschiedenen Unterrichtsphasen miteinander in Verbindung stehen und ob alle auf das übergeordnete Ziel hinsteuern.
4. Was macht einen guten Unterricht aus?
Ich bin davon überzeugt, dass ein wesentliches Merkmal guten Unterrichts die Klarheit und Stringenz ist. Das bedeutet, dass sich ein roter Faden von Beginn bis zum Ende der Stunde durch den Unterricht zieht und dass durch diese Klarheit der Weg zum Ziel gut erreichbar ist.
Versteh mich nicht falsch – es bedeutet nicht, dass es inhaltlich keine Öffnung gibt oder dass die Kinder selbst nicht kreativ werden können. Die Wegmarkierung ist klar vorgegeben – den Weg gehen die Kinder dann schon selbst, werden dabei von der Lehrkraft begleitet und bei Hürden unterstützt.
Aber vielleicht merkst du, dass dir bei der Planung deines Unterrichts immer mal wieder etwas durcheinander gerät und deine Ideen daheim sich in der Praxis vor Ort dann oft nicht gut umsetzen lassen. Wenn du dir Klarheit für die Vorbereitung deines Unterrichts wünschst, dann sieh dir mein Beratungsangebot an:
Mein Name ist Rebekka und ich unterstütze Referendar:innen des Lehramts Grundschule dabei, mit Struktur fachlich fundierte Stunden zu planen, didaktisch wertvolle Konzepte umzusetzen und dabei die Bedürfnisse der Klasse im Blick zu behalten. Melde dich gerne, wenn auch du dir Unterstützung wünschst.
Ich wünsche dir gutes Gelingen bei deiner Unterrichtsplanung!
Deine Rebekka
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